Wenn Gotland erwacht

Auf dem Pferdehof von Familie Raufi in Lau, im Süden Gotlands, versammelnsich mitten in der Nacht Besucher, um den Tag auf dem Rückeneines Pferdes zu begrü.en. Während des Dämmerungsritts erleben die Reiter bei einem Abenteuer, das mit dem Sonnenaufgang an einem einsamen Strand gipfelt, wie die Natur und die Insel zum Leben erwachen.

Es ist erst zwei Uhr morgens, doch zu Hause bei Lisa Raufi in Lau herrscht schon seit Stunden rege Betriebsamkeit. Die Pferde wurden von der Koppel geholt. Die Frühstückspakete sind gepackt. Inzwischen tauchen die ersten Besucher auf dem Hof auf, der noch im Dunkeln liegt. Sie begrü.en sich leise, wirken noch ein wenig schläfrig. Einige wünschen sich wahrscheinlich in ihr warmes Bett zurück. Draußen ist es immer noch mucksmäuschenstill. Lisa erscheint und die Teilnehmer lernen ihre Pferde kennen. Dann beginnt der Ritt über offene Wiesen und Äcker. Lisa hat die Teilnehmer vorab gebeten, nicht zu sprechen, wenn es nicht notwendig ist, und zu Beginn des Ritts hört man nur das Klappern der Hufe auf dem Untergrund. Nach etwa zwanzig Minuten beginnt die Natur langsam zu erwachen. Ein Wachtelkönig auf einem Acker ist das Erste, was man hört. Ein Fuchs bleibt stehen und beobachtet die kleine Gesellschaft. Nun geht es durch Nadelwald, der langsam in Laubwald übergeht. Hier sind Vögel mehrerer Arten zu hören. Im Juni kann man hier erleben, wie die Sprossermännchen um die Wette singen. Näher am Strand überwiegen die Laute der Seevögel. Der Himmel wechselt mehrmals während des Ritts die Farbe. Er wird blau, rosa und orange. Immer noch ist es still. Von den Fliegen, die während eines Tagesritts sehr lästig werden können, ist überhaupt nichts zu spüren. Unten am Strand trifft die Gruppe auf die seichte Bucht von Lausvik. Nun hängt die Sonne wie eine Orange direkt über der Horizontlinie und wenn kein Wind geht, erzeugen Wasser und Licht Spiegeleffekte, die es einem schwer machen, zwischen oben und unten zu unterscheiden. Wer möchte, kann jetzt in der Brandung galoppieren. Manchmal bekommen die Reiter Gesellschaft von einem Steinadler, der sich nur hundert Meter entfernt auf einer Sandbank niederlässt. Dann wird am Strand gefrühstückt. Der Kaffee und die belegten Brote schmecken bei dieser Aussicht und in dieser Umgebung noch viel besser als sonst. In der Zwischenzeit fressen die Pferde Schilfrohr zum Frühstück. Danach geht es wieder zum Hof zurück. Es ist sieben Uhr morgens und der Tag auf Gotland hat gerade erst begonnen.

„Viele kommen jedes Jahr wieder. Letztes Jahr nahm eine Frau während ihres einwöchigen Aufenthalts auf der Insel an drei Dämmerungsritten teil. Ich verstehe auch, warum: Dieses Erlebnis kollidiert zeitlich nicht mit anderen Aktivitäten. Als sie nach Hause kam, war der Rest der Familie noch im Bett und schlief. So konnten sie den ganzen Tag zusammen verbringen“, so Lisa Raufi.

Der gesamte Betrieb ist von einem ökologischen Grundgedanken geprägt. Wir haben beispielsweise auf dem Hof Toiletten, die Urin von Kot trennen, um Wasser zu sparen, und der gesamte Müll wird getrennt. Das Essen, das wir den Gästen servieren, ist lokal erzeugt. Essensreste werden an die Hühner verfüttert, die im Gegenzug Eier fürs Frühstück am Strand liefern. Auch die Ausritte selbst sind von Umweltdenken geprägt: „Es geht um Rücksichtnahme. Wenn man vorsichtig reitet, richtet man nur minimalen Schaden in der Natur an. Pferdeäpfel am Strand werden aufgesammelt. Wir nehmen sogar den Müll von anderen mit. Es ist schon vorgekommen, dass ich mit schmutzigen Windeln in den Satteltaschen nach Hause geritten bin“, so Lisa.

Die meisten Besucher kommen nach wie vor im Sommer, aber immer mehr Leute finden sich auch zu anderen Jahreszeiten zum Reiten hier ein. Rund um die schulfreien Tage und die hohen Feiertage kommen oft Gäste und im Herbst werden für gewöhnlich mehr Wochenendpakete mit dreitägigen Touren gebucht. Die gotländische Natur bietet zu allen Jahreszeiten eine Vielzahl unterschiedlicher Erlebnisse. Unabhängig davon, wann die Tour stattfindet, verspricht Lisa ein besonderes Erlebnis. „Auf dem Pferderücken kannst du ohne Anstrengung zig Kilometer zurücklegen und erlebst die Natur ganz anders“, findet Lisa. „Die Tiere im Wald verhalten sich weniger ängstlich, als wenn man zu Fuß kommt. Dadurch kommt man Füchsen, Adlern und Rehen viel näher. Während eines längeren Ritts lernt man auch sein Pferd besser kennen und spürt, dass Pferd und Reiter ein Team sind, das die Tour gemeinsam erlebt. Es kommt regelmäßig vor, dass Teilnehmer vor lauter Freude weinen“, fährt Lisa fort. Lisa meint, das gesteigerte Interesse an ursprünglicheren Erlebnissen könne eine Gegenreaktion auf Informationsstress und längere Bildschirmzeiten sein. Viele fänden es angenehm, für ein paar Stunden auf Nachrichten und soziale Medien zu verzichten. „Es gibt kein Telefonverbot, aber ich fordere die Teilnehmer für gewöhnlich auf, ihre Erlebnisse im Gedächtnis statt auf dem Smartphone zu speichern. Während der Ferien sind manche Leute hyperaktiv. Das hier ist eine Möglichkeit abzuschalten und nur zu beobachten und zu fühlen“, sagt Lisa abschließend.

Du kannst deinen Dämmerungsritt mit Lisa auf destinationgotland.se buchen.